NASA: neue Weltraummission kartiert weltweit "Super-Emitter" des starken Treibhausgases Methan

Do, 3.11.2022 — Redaktion

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Im Juli 2022 hat die NASA eine neue Weltraummission zur "Untersuchung von Mineralstaubquellen an der Erdoberfläche (Earth Surface Mineral Dust Source Investigation - EMIT) gestartet. Mit Hilfe eines an der Internationalen Raumstation angedockten, bildgebenden Spektrometers sollen die Mineralstaubquellen auf der Erdoberfläche charakterisiert und kartiert werden. Man erhofft daraus besser verstehen zu können, welche Auswirkungen atmosphärischer Mineralstaub auf das Klima hat. Das Spektrometer zeigt noch eine weitere, für den Kampf gegen den Klimawandel entscheidende Anwendungsmöglichkeit: es kann auch Emissionen des starken Treibhausgases Methan aufspüren und hat bereits mehr als 50 "Super-Emitter" identifiziert.*

Die NASA-Mission EMIT (Earth Surface Mineral Dust Source Investigation) kartiert das Vorkommen wichtiger Mineralien in den staubproduzierenden Wüsten der Erde - es sind Informationen, die uns helfen werden die Auswirkungen von atmosphärischem Staub auf das Klima zu verstehen. Darüber hinaus hat EMIT aber noch eine weitere, enorm wichtige Anwendungsmöglichkeit gezeigt: es kann das starke Treibhausgas Methan nachweisen.

Mit den Daten, die EMIT seit seiner Installation auf der Internationalen Raumstation im Juli gesammelt hat, konnten die Wissenschaftler bereits mehr als 50 "Super-Emitter" identifizieren: in Zentralasien, im Nahen Osten und im Südwesten der Vereinigten Staaten. "Super-Emittenten" sind typischerweise in den Bereichen fossile Brennstoff-Förderung, Abfallwirtschaft oder Landwirtschaft mit hohem Methanausstoß angesiedelt.

"Die Eindämmung der Methanemissionen ist ein Schlüssel zur Eindämmung der globalen Erwärmung. Diese aufregende neue Entwicklung wird den Forschern nicht nur dabei helfen, präziser festzulegen, woher die Methanlecks kommen, sondern auch Aufschluss darüber geben, wie sie beseitigt werden können - und zwar schnell", sagt NASA-Administrator Bill Nelson. "Die Internationale Raumstation und die mehr als zwei Dutzend Satelliten und Instrumente der NASA im Weltraum sind seit langem von unschätzbarem Wert, um Veränderungen des Erdklima festzustellen. EMIT erweist sich als ein wichtiges Instrument in unserem Werkzeugkasten, um dieses starke Treibhausgas zu messen - und es an der Quelle zu stoppen."

Methan absorbiert infrarotes Licht in charakteristischer Weise - es gibt eine sogenannten spektralen Fingerabdruck, den das bildgebende Spektrometer von EMIT mit hoher Genauigkeit und Präzision detektieren kann. Abbildung 1. Das Instrument kann zusätzlich auch Kohlendioxid messen.

Abbildung 1. Daten vom bildgebenden Spektrometer. Der Würfel (links) zeigt auf der Vorderseite Methanfahnen (lila, orange, gelb) über Turkmenistan (siehe auch Abbildung 3). Die Regenbogenfarben an den Seiten sind die spektralen Fingerabdrücke der entsprechenden Punkte auf der Vorderseite. Die blaue Linie im Diagramm (rechts) zeigt den Methan-Fingerabdruck, den EMIT entdeckt hat; die rote Linie ist der erwartete Fingerabdruck, der auf einer atmosphärischen Simulation beruht. Credits: NASA/JPL-Caltech

Die neuen Befunde stammen aus dem breiten Bereich des Planeten, der von der umkreisenden Raumstation erfasst wird, sowie aus der Fähigkeit von EMIT, Streifen der Erdoberfläche zu scannen, die Dutzende von Kilometern breit sind, und dabei Bereiche aufzulösen, die so klein sind wie ein Fußballfeld sind.

"Die Ergebnisse sind spektakulär und zeigen, wie wertvoll es ist, eine Perspektive auf globaler Ebene mit der Auflösung zu verbinden, die für die Identifizierung von Methan-Punktquellen bis hinunter auf die Ebene der Anlagen erforderlich ist", sagt David Thompson, EMIT-Forschungstechniker; er ist Senior-Forscher am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Südkalifornien, das die Mission leitet. "Es handelt sich um eine einzigartige Fähigkeit, welche die Messlatte für Bestrebungen zur Zuordnung von Methanquellen und Eindämmung von anthropogenen Emissionen höher legen wird."

Verglichen mit Kohlendioxid macht Methan nur einen Bruchteil der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen aus. Es Ist aber in den 20 Jahren nach seiner Freisetzung etwa 80-mal wirksamer in der Speicherung von Wärme in der Atmosphäre als Kohlendioxid. Während Kohlendioxid in der Atmosphäre Jahrhunderte überdauert, hält sich Methan etwa ein Jahrzehnt; dies bedeutet, dass die Atmosphäre auf eine Verringerung der Emissionen in einem ähnlichen Zeitrahmen reagiert und dies zu einer verlangsamten kurzfristigen Erwärmung führt.

Die Identifizierung von punktuellen Methanquellen kann ein wichtiger Schritt in diesem Prozess sein. Mit dem Wissen um die Standorte der großen Emittenten können die Betreiber von Anlagen, Ausrüstungen und Infrastrukturen, die das Gas freisetzen, schnell handeln, um die Emissionen zu begrenzen.

Die Feststellung von Methan durch EMIT erfolgte, als die Wissenschaftler die Genauigkeit der Mineraldaten des bildgebenden Spektrometers überprüften. Während seiner Mission wird EMIT Messungen von Oberflächenmineralien in trockenen Regionen Afrikas, Asiens, Nord- und Südamerikas und Australiens durchführen. Die Daten werden den Forschern helfen, die Rolle der Staubpartikel in der Luft bei der Erwärmung und Abkühlung der Erdatmosphäre und -oberfläche besser zu verstehen.

"Wir sind sehr gespannt darauf, wie die EMIT-Mineraldaten die Klimamodellierung verbessern werden", sagte Kate Calvin, leitende Wissenschaftlerin und Klimaberaterin der NASA. "Die zusätzliche Fähigkeit zum Nachweis von Methan bietet eine bemerkenswerte Möglichkeit zur Messung und Überwachung von Treibhausgasen, die zum Klimawandel beitragen."

Methanfahnen aufspüren

Das Untersuchungsgebiet der Mission deckt sich mit bekannten Methan-Hotspots auf der ganzen Welt, was es den Forschern ermöglicht, in diesen Regionen nach dem Gas zu suchen und die Fähigkeiten des bildgebenden Spektrometers zu testen.

Abbildung 2. Methanfahne über einem Ölfeld. Eine 3 km lange Methanfahne, die von der NASA-Mission Earth Surface Mineral Dust Source Investigation südöstlich von Carlsbad, New Mexico, entdeckt wurde. Methan ist ein starkes Treibhausgas, das die Wärme in der Atmosphäre viel effektiver als Kohlendioxid speichert. Credits: NASA/JPL-Caltech

"Einige der von EMIT entdeckten Methanfahnen gehören zu den größten, die je gesehen wurden - anders als alles, was bisher aus dem Weltraum beobachtet wurde", sagt Andrew Thorpe, ein Forschungstechniker am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA, der die EMIT-Methanforschung leitet. "Was wir in der kurzen Zeit gefunden haben, übertrifft bereits unsere Erwartungen".

So entdeckte das Instrument beispielsweise eine etwa 3,3 Kilometer lange Abgasfahne südöstlich von Carlsbad, New Mexico, im Permian Basin. Das Permian-Becken ist eines der größten Ölfelder der Welt und erstreckt sich über Teile des südöstlichen New Mexico und des westlichen Texas. Abbildung 2.

In Turkmenistan hat EMIT über Öl- und Gasinfrastrukturen östlich der Hafenstadt Hazar am Kaspischen Meer 12 Abgasfahnen identifiziert. Einige Abgasfahnen erstrecken sich über mehr als 32 Kilometer In westlicher Richtung. Abbildung 3.

Abbildung 3. Methanfahnen über Erdöl- und Erdgas-Förderanlagen. Östlich von Hazar, Turkmenistan, einer Hafenstadt am Kaspischen Meer, strömen 12 Methanschwaden nach Westen, einige von ihnen über eine Länge von mehr als 32 km. Die Methanfahnen wurden von der NASA-Mission EMIT entdeck. Credits: NASA/JPL-Caltech

Das Team identifizierte auch eine Methanfahne südlich von Teheran, Iran, mit einer Länge von mindestens 4,8 Kilometern, die von einer großen Abfallverwertungsanlage ausgeht. Methan ist ein Nebenprodukt der Zersetzung, und Mülldeponien können eine wichtige Quelle sein. Abbildung 4.

Abbildung 4. Methanfahne über einer Mülldeponie. Eine mindestens 4,8 Kilometer lange Methanfahne steigt südlich von Teheran im Iran in die Atmosphäre auf. Die Wolke, die von der NASA-Mission Earth Surface Mineral Dust Source Investigation entdeckt wurde, stammt von einer großen Mülldeponie, in der Methan ein Nebenprodukt der Zersetzung ist.Credits: NASA/JPL-Caltech

Die Wissenschaftler schätzen , dass stündlich etwa 18.300 Kilogramm Methan am Standort Perm abgegeben werden, 50.400 Kilogramm aus den turkmenischen Quellen und 8.500 Kilogramm am Standort im Iran.

Die turkmenischen Quellen haben zusammen eine ähnliche Ausstoßrate wie das Gasleck im Aliso Canyon im Jahr 2015, bei dem zeitweise mehr als 50.000 Kilogramm pro Stunde austraten. Die Katastrophe im Gebiet von Los Angeles war eine der größten Methanfreisetzungen in der Geschichte der USA.

Mit einer breiten, wiederholten Erfassung von seinem Aussichtspunkt auf der Raumstation aus, wird EMIT möglicherweise Hunderte von Super-Emittern finden - einige, die man bereits aus Messungen in der Luft, im Weltraum oder am Boden kennt, andere, die bisher unbekannt sind.

"Bei der weiteren Erkundung des Planeten wird EMIT Orte beobachten, an denen bisher niemand nach Treibhausgasemittenten gesucht hat, und es wird Abgasfahnen finden, die niemand erwartet hat", so Robert Green, leitender Forscher von EMIT am JPL.

EMIT ist das erste aus einer neuen Klasse von weltraumgestützten bildgebenden Spektrometern zur Untersuchung der Erde. Ein Beispiel ist der Carbon Plume Mapper (CPM), ein Instrument, das am JPL entwickelt wird und Methan und Kohlendioxid aufspüren soll. Das JPL arbeitet mit der gemeinnützigen Organisation Carbon Mapper und anderen Partnern zusammen, um Ende 2023 zwei mit CPM ausgestattete Satelliten zu starten.


* Der vorliegende Artikel ist unter dem Titel " Methane ‘Super-Emitters’ Mapped by NASA’s New Earth Space Mission" am 25.Oktober 2022 auf der Web-Seite der NASA erschienen, https://earth.jpl.nasa.gov/emit/resources/100/emit-launch-and-post-launch-video/.  Der unter einer cc-by stehende Artikel wurde von der Redaktion möglichst wortgetreu übersetzt.


Links

 EMIT launch and post-launch video 2:30 min. A video covering EMIT's launch and early post-launch activities, including first light data. https://earth.jpl.nasa.gov/emit/resources/100/emit-launch-and-post-launch-video/

Einige Artikel über Methan-Emissionen im ScienceBlog

IIASA, 7.4.2022: Eindämmung des Klimawandels - Die Zeit drängt (6. IPCC-Sachstandsbericht)

Redaktion, 9.11.2020: Bäume und Insekten emittieren Methan - wie geschieht das?

IIASA, 23.7.2020: Es genügt nicht CO₂-Emissionen zu limitieren, auch der Methanausstoß muss reduziert werden.

Redaktion, 07.11.2019: Permafrost - Moorgebiete: den Boden verlieren in einer wärmer werdenden Welt.

IIASA, 25.9.2015: Verringerung kurzlebiger Schadstoffe – davon profitieren Luftqualität und Klima 36 Rattan Lal, 27.11.2015: Boden - Der große Kohlenstoffspeicher