Do,22.08.2024 — Redaktion
Chemiker entdeckten 1938 durch Zufall das Material, das seitdem unzählige Anwendungen fand - vom Einsatz bei der Entwicklung der ersten Atombombe bis hin zur Verhinderung, dass Eier an der Bratpfanne kleben bleiben. Teflon und seine chemischen Abkömmlinge, die Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) sind heute allgegenwärtig. Wir verwenden sie für antihaftbeschichtete Pfannen und Labormaterialien, für Medizintechnik und wasserdichte Regenmäntel, für fettdichte Fast-Food-Verpackungen und manchmal sogar für Klaviertasten. Diese langlebigen Moleküle sind so weit verbreitet, dass eine Studie aus dem Jahr 2015 die Chemikalien in Blutproben praktisch aller Amerikaner fand. Die Verbindungen werden in zunehmendem Maße als Schadstoffe erkannt, die eine Reihe gesundheitlicher Beeinträchtigungen auslösen können.*
Entdeckung von Teflon
Am 6. April 1938 stand bei DuPont eine Gruppe von Chemikern um einen Bestandteil ihres neuesten Experiments herum: einen einfachen Metallzylinder, der Tetrafluorethylen, ein farbloses, geruchloses Gas, enthalten sollte. Als sie das Ventil öffneten, kam kein Gas heraus, aber der Zylinder war schwerer als er im Leerzustand sein sollte. Schließlich beschloss man die Flasche aufzuschneiden musste, um zu sehen, was los war. Zur Überraschung stellte man fest, dass die Innenseite des Metalls mit einem glitschigen weißen Pulver bedeckt war. Abbildung 1.
Auf die Frage 'Wie haben Sie darauf reagiert?' antwortete der DuPont-Chemiker Roy Plunkett in einem Interview 1986, "Na, jetzt müssen wir wieder von vorne anfangen."
Abbildung 1. Roy Plunkett (rechts), Robert McHarness (Mitte) und Jack Rebok stellen 1966 das Aufschneiden eines Metallzylinders zur Entdeckung von Teflon nach. (Quelle: Mit freundlicher Genehmigung von Hagley Museums und Bibliothek) |
Die nächste Frage war: 'Was macht man mit diesem Zeug?', so Plunkett.
Doch anstatt den scheinbar defekten Zylinder wegzuwerfen, beschloss Plunkett, einige Tests durchzuführen. Er stellte fest, dass das Gas spontan zu einem rätselhaften Material "polymerisierte", das sich bei hohen Temperaturen nicht zu zersetzen schien. Das Material reagierte nicht mit hochkorrosiven Chemikalien und löste sich darin auch nicht auf -u.a. in Säuren, die stark genug waren, um sich in die Knochen zu fressen. Die chemische Bezeichnung für diese Supersubstanz Polytetrafluorethylen (PTFE) kennen sie wahrscheinlich unter dem Namen: Teflon. (Anm. Redn.: siehe auch [1])
Anfänglich wussten die DuPont-Wissenschafter darauf keine vernünftige Antwort und diese kam auch nicht über Nacht. Ausgehend von der Entwicklung der Kältetechnik im frühen 20. Jahrhundert führt die Geschichte des Aufstiegs von Teflon über das Manhattan-Projekt, das die Welt mit Atomwaffen verändern sollte, bis hin zu unzähligen Konsumgütern, angefangen bei der legendären Antihaft-Pfanne. Zunächst sah es jedoch nicht so aus, als würde sich dieses Material durchsetzen, da es in der Herstellung teuer war und keinen eindeutigen Verwendungszweck hatte.
Fluorchlorkohlenwasserstoffe in der Kältetechnik
Die Entstehungsgeschichte von Teflon beginnt etwa ein Jahrzehnt vor seiner Entdeckung. In den späten 1920er Jahren befand sich die Kühlindustrie in der Krise: Eine Reihe tödlicher Unfälle, bei denen gefährliche, als Kühlmittel verwendete Gase auf dramatische Weise explodierten oder in nichtsahnende Haushalte aussickerten, führten in der New York Times zu Schlagzeilen wie "15 Tote durch Eismaschinengas in Chicago"; "Lecks in Kühlanlagen in Häusern als Ursache für mysteriöse Todesfälle". Das Problem bestand darin, dass die Chemikalien, die verwendet wurden, um den Innenraum eines Kühlschranks abzukühlen, entweder hochgiftig, entflammbar oder beides waren.
Frühe Kühlschränke, die mit Schwefeldioxid als Kühlmittel arbeiteten, wurden in der Werbung als "selbstalarmierend" angepriesen, da der Gestank den Benutzer vor einem Leck warnen würde, bevor es zu gefährlich wurde. Hersteller von mit Kohlendioxid betriebenen Kühlschränken prahlten, dass ihre Systeme geruchlos seien und keine Explosionen auslösten. "Wenn Sie für Ihr Kältemittel damit werben, dass es keine Explosionen gibt", sagt Mark McLinden, Chemieingenieur am National Institute of Standards and Technology, "weist das wahrscheinlich darauf hin, dass es bei einigen anderen Konkurrenten das Problem gab." Kohlendioxid war zwar sicherer, aber für den Einsatz in Privathaushalten nicht besonders effizient, da es einen viel höheren Druck benötigt, was die Kosten in die Höhe treibt und die Gefahr von Lecks erhöht.
Schlechte Presse und fragwürdige Werbung zwangen die Kühlschrankhersteller eine Änderung vornehmen. Charles Kettering, der Forschungschef von General Motors sprach mit dem Chefingenieur von Frigidaire und rief dann Thomas Midgley an, der in der Firma als derjenige bekannt war, der dem Benzin Blei zusetzte, um das Klopfen des Motors zu verhindern. "Wir sind zu dem Schlussgekommen", sagte Kettering zu Midgley, "dass ein neues Kältemittel her muss, sofern die Kälteindustrie jemals etwas erreichen will."
Was Kettering brauchte, war ein Kältemittel, das bei angemessenen Temperaturen und Drücken funktionierte und gleichzeitig kostengünstig in der Herstellung, nicht korrosiv gegenüber herkömmlichen Materialien, ungiftig und nicht leicht entflammbar war. Auf der Suche nach diesem idealen Molekül wandte sich Midgley den Elementen in der oberen rechten Ecke des Periodensystems zu. Er wusste, dass diese dazu neigen, Verbindungen einzugehen, die Kühlschränke auf die ideale Temperatur herunterkühlen können; sein Fokus lag auf Fluor.
Fluor selbst zu wählen, erscheint nicht zielführend. Die saure Form von Fluor, die sogenannte Flusssäure, ist hochtoxisch. Gelangt sie in den Körper, kann sie nicht nur Knochen auflösen, sondern so aggressiv ans Kalzium im Blut binden, dass das Herz zum Stillstand kommt. Sobald Fluor jedoch mit einem Kohlenstoffatom eine Bindung eingeht, verändert sich völlig sein Charakter.
"Das Wesentliche daran: Die Kohlenstoff-Fluor-Bindung ist die stärkste Bindung in der Chemie", so McLinden. "Baut man Fluor in ein Molekül ein, so lässt es nur schwer wieder herauslösen und macht das Molekül also grundsätzlich stabil. Stabil und nicht reaktiv - das geht einher mit geringer Toxizität". (Anm. Redn.: siehe auch [1])
Bereits drei Tage nach Auftragserteilung von Kettering hatte Midgley eine potenzielle Nummer 1 gefunden, die bis in die 1980er Jahre weit verbreitet sein sollte: ein Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW), den wir heute Freon nennen. Angesichts der Auswirkungen von Blei im Autobenzin auf menschliche Gesundheit und Umwelt sowie des Abbaus der Ozonschicht durch FCKW war Midgley laut McLinden "der König der unbeabsichtigten Folgen".
Es sollte allerdings noch Jahrzehnte dauern, bis Wissenschafter die Gefahren von FCKW für die Umwelt erkannten. Im Vergleich zu den in den 1930er Jahren verfügbaren giftigen und entflammbaren Alternativen erschien Freon lange wie ein Wunder-Kältemittel. Anlässlich einer Demonstration seines neu entdeckten Freons atmete Midgley das Gas tief ein und löschte mit dem Ausatmen eine Kerze aus, um drastisch zu beweisen, dass das Gas weder giftig noch entflammbar war.
Die Entwicklung eines offenbar sicheren Kältemittels führte zur explosionsartigen Anwendung bei den Verbrauchern - Kühlschränke, Klimaanlagen in Autos, Wärmepumpen und vieles mehr. Laut Plunketts Interview von 1986 "kam es Anfang 1938 zu einer Krise".
Frigidaire, damals eine Tochtergesellschaft von General Motors, hielt das Eigentumsrecht an Freon, und andere Kühlschrankhersteller wollten mitmischen. Sie wandten sich an DuPont, um neue Kältemittel mit den Vorteilen von Freon zu entwickeln - und Plunketts Team wurde beauftragt. Es dauerte nicht lange, bis dieses, wie zuvor Midgley, nach Verbindungen auf Fluorbasis suchte. Diese Suche führte zu der schicksalshaften Flasche mit Tetrafluorethylen, einem Gasmolekül mit zwei Kohlenstoffatomen und vier Fluoratomen (CF2=CF2). Die Polymerisation des Gases hängte diese kleinen Moleküle zu einer langen Kette zusammen und verfestigte sich zu dem Fluorpolymer PTFE.
Rolle im Manhattan-Projekt.....
Die Substanz, die später den Namen Teflon erhalten sollte, wurde zunächst aufs Regal gestellt, und die Wissenschafter kehrten zu ihrer Suche nach neuen Kühlmitteln zurück. Damals konnten sich die Forscher noch keine rentable Verwendung für einen so teuer herzustellenden Stoff vorstellen. Das änderte sich nur wenige Jahre später mit dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg und der Entwicklung von Atomwaffen im Rahmen des Manhattan-Projekts. Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Entwicklung der ersten Atombombe bestand darin, genügend spaltbares Uran und Plutonium zu gewinnen. Laut Gordon Fee, einem Nuklearingenieur und pensionierten Präsidenten von Lockheed Martin Energy Systems, haben sich Wissenschafter und Ingenieure in einer Regierungseinrichtung in Oak Ridge, Tennessee, damit beschäftigt, Uran (das 235U-Isotop aus dem Gemisch mit dem viel häufigeren 238U; Anm. Redn.) aufzureinigen. Sie entschieden sich für ein Verfahren, das als Gasdiffusion bezeichnet wird und bei dem gasförmiges Uranhexafluorid durch kilometerlange Rohre mit Tausenden von Filtern gepresst wird, die das spaltbare Isotop aus dem Rest der Substanz herausfiltern.
Das Problem für die Wissenschafter in Oak Ridge und General Leslie Groves, der das Manhattan-Projekt leitete, bestand darin, dass Uranhexafluorid stark korrosiv ist. Das Gas zerfraß die Dichtungen und Ventile, die den Durchfluss des seltenen und essentiellen Materials regulierten. Was genau geschah, ist angesichts der Geheimhaltung und Abschottung des Manhattan-Projekts und der noch weitergehenden Abklärung von Dokumenten nicht ganz klar. Laut Fee wissen wir aber, dass viele DuPont-Mitarbeiter in Oak Ridge arbeiteten, vor allem in einer separaten Anlage, die zur Aufbereitung von Plutonium diente. Abbildung 2.
Abbildung 2. Die K-25-Gasdiffusionsanlage in Oak Ridge, Tennessee, in der über 400 Meilen Rohre mit Tausenden von Filtern mit Teflon-Dichtungen und Ventilabdichtungen abgedichtet wurden. Dieses Gebäude war damals der größte Raum der Welt unter einem Dach. (U.S. Department of Energy via Wikimedia Commons, Public Domain) |
Die DuPont-Mitarbeiter wussten, dass Groves kilometerlange Rohrleitungen abzudichten hatte, sagt Fee, der 1956 in der Gasdiffusionsanlage in Oak Ridge zu arbeiten begann. "Sie sagten: 'Wir haben diese einzigartige Familie von Materialien, wir glauben, dass sie eine gute korrosionsbeständige Dichtung abgeben würde."
Von seiner Entdeckung im Jahr 1938 bis zu diesem Zeitpunkt, wahrscheinlich 1942, war Polytetrafluoräthylen bei DuPont bloß ein kurioses Laborprodukt.
Die nahezu unbegrenzten Ressourcen des Manhattan-Projekts ermöglichten DuPont die erste industrielle Nutzung des neuen Materials. Wissenschafter und Ingenieure in Oak Ridge verwendeten wie Fee PTFE, um die Rohre der Anlage vor korrosiven Gasen zu schützen, bis die Anlage Jahrzehnte später stillgelegt wurde. "Soweit ich weiß, wurde nie ein Ersatz in Erwägung gezogen", sagt Fee, "und so hatte es im Manhattan-Projekt sozusagen lebenslang- bis 1985 - Bestand."
....und weitere Anwendungen in Industrie.....
Plunkett zufolge gaben Ressourcen und Nachfrage nach PTFE während des Krieges DuPont die Möglichkeit, das neue Material weiter zu evaluieren und andere Verwendungsmöglichkeiten dafür zu finden. Zunächst waren diese Anwendungen hauptsächlich in der Industrie und beim Militär zu finden.
Plunkett erinnerte sich zum Beispiel an eine Produktionsanlage, die hohe Konzentrationen von Salpetersäure pumpen musste. Einmal pro Woche, so sagte er, fiel die Pumpe aus und musste erneuert werden. Als die Arbeiter versuchten, Teflon in der Pumpe zu verwenden, funktionierte diese über sechs Monate lang so gut, dass sie beschlossen, die Pumpe zu zerlegen, um ihr Innenleben zu prüfen - dieses war noch tadellos.
.....und Haushalt
Aber Teflon war noch lange nicht so bekannt, wie es heute ist. Das heißt, bis Erfinder herausfanden, dass sie es zur Herstellung von antihaftbeschichtetem Kochgeschirr verwenden können. Im Jahr 1952 erhielt Plunkett als eine der ersten öffentlichen Anerkennungen seiner Entdeckung die John-Scott-Medaille. Diese Auszeichnung, die von der Stadt Philadelphia an Wissenschaftler und Erfinder für die Verbesserung des "Komforts, des Wohlergehens und des Glücks der Menschheit" verliehen wird, wurde auch den Brüdern Wright, Thomas Edison, Marie Curie und Nikola Tesla verliehen. Bei der Zeremonie für Plunkett ging aber jeder mit einem besonderen Geschenk nach Hause.
"Es war das erste Mal, dass irgendjemand in diesem Land Kochutensilien mit Teflonbeschichtung sah", sagte Plunkett 1986, "Sie stellten Muffinformen mit Teflonbeschichtung her und verteilten sie als Gastgeschenke. ... Einige dieser Muffinformen gibt es immer noch. Ich habe eine davon zu Hause."
Ein paar Jahre später, in den frühen 1960er Jahren, wurden solche Geräte auch für normale Köche verfügbar. Die Erfinderin Marion Trozzolo entwickelte 1957 die erste teflonbeschichtete Pfanne, die so genannte Happy Pan, und begann 1961, sie zu verkaufen. Zum 25-jährigen Jubiläum der Pfanne im Jahr 1986 schenkte Trozzolo dem Smithsonian's National Museum of American History eine Original-Happy Pan. Abbildung 3.
Abbildung 3. Werbung für die erste weit verbreitete teflonbeschichtete Bratpfanne, veröffentlicht 1961 von der Erfinderin Marion Trozzolo (Quelle: Trozzolo via Wikimedia Commons) |
Seitdem hat sich Teflon überall verbreitet. Im Jahr 1969 verwendeten Wilbert und Bob Gore eine Form von PTFE, um ein wasserdichtes, atmungsaktives Gewebe - Gore-Tex - herzustellen, das heute in Regenmänteln und Wanderschuhen allgegenwärtig ist. Neben vielen anderen Anwendungen haben Erfinder Teflon auch in Zahnseide, Klebeband für Klempnergewinde und medizinischen Gegenständen wie künstlichen Herzklappen eingesetzt.
Die Entwicklung und der weit verbreitete Einsatz von Teflon haben auch die Entwicklung einer neuen Klasse von Chemikalien, der sogenannten Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) eingeleitet. (Anm. Redn.: siehe auch [1]) Diese nutzten die gleichen einzigartigen Eigenschaften, die Teflon für so viele Zwecke so praktisch machten. In ihrer einfachsten Form bestehen PFAS-Moleküle alle aus einer Kette von Kohlenstoffatomen umgeben von sehr stark gebundenen Fluoratomen. Dieser Teil des Moleküls ist hydrophob, in Wasser unlöslich. In vielen PFAS ist außerdem eine so genannte "Kopfgruppe" an diese Kette gebunden, die hydrophil, von Wasser benetzbar ist. Diese Chemikalien sind in der Regel sehr haltbar und stoßen Wasser, Fett und Hitze ab.
Problematik der PFAS
Aber genau diese Eigenschaften machen PFAS potenziell gefährlich. Da die Kohlenstoff-Fluor-Bindung sehr fest ist, lassen sich PFAS kaum durch natürliche Prozesse abbauen - dies hat ihnen den Beinamen "Ewigkeitschemikalien" eingebracht. Ihre Eigenschaft, sowohl hydrophil als auch hydrophob zu sein, macht sie in nassen Umgebungen sehr mobil - die Moleküle werden von fließendem Wasser leicht mitgenommen und können sich ebenso leicht auf Oberflächen ablagern.
Die weit verbreitete Verwendung von PFAS bedeutet, dass sie nun überall zu finden sind. Sobald sie in unseren Körper gelangen, können sie Probleme verursachen. Laut US-Umweltschutzbehörde können PFAS die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, die Entwicklung von Kindern stören, das Risiko von Prostata-, Nieren- und Hodenkrebs erhöhen, das Immunsystem beeinträchtigen und Impfstoffe weniger wirksam machen. (Anm. Redn.: siehe auch [1])
Als Reaktion darauf sind die Europäische Union und einige US-Bundesstaaten dabei, den Verkauf und die Verwendung von PFAS zu verbieten oder einzuschränken, während betroffene Gemeinden sich zur Schadensbehebung an Gerichte wenden. Häufig konzentrieren sich die Regulierungen aber nur auf einige wenige der mehr als 6.000 verschiedenen PFAS-Verbindungen und lassen der Industrie viel Spielraum.
Dies gilt nicht unbedingt für Teflon selbst und andere Kunststoffe aus Fluorpolymeren. Da die Kohlenstoff-Fluorkette im PTFE sehr lang ist, kann es nicht so leicht in unseren Körper aufgenommen werden. Nach Meinung der Hersteller ist PTFE ein "wenig bedenkliches Polymer" und sollte in neue Verordnungen für kürzerkettige PFAS Polymere nicht einbezogen werden.
Rainer Lohmann, ein Umweltchemiker an der Universität von Rhode Island, meint allerdings, dass "sich ein ganz anderes Bild ergibt, wenn man den gesamten Zyklus von der Herstellung bis zum Ende der Lebensdauer betrachtet ".
Das liegt daran, dass die Unternehmen bei der Herstellung von Fluorpolymeren wie Teflon häufig andere, kurzkettige PFAS verwenden müssen. Wissenschafter und Beamte des öffentlichen Gesundheitswesens erfahren auch immer mehr darüber, wie Kunststoffe, einschließlich Fluorpolymere, in Mikropartikel zerfallen und mit dem menschlichen Körper interagieren. Langkettige PFAS können in Umgebungen wie Mülldeponien, wo viele mit Teflon beschichtete Verbraucherprodukte landen, über lange Zeiträume in kürzerkettige Moleküle zerfallen. Trotz dieser wachsenden Bedenken "gibt es immer ein geschäftliches Interesse daran, den Status quo beizubehalten", so Lohmann.
Gegenwärtig bedeutet dieser Status quo einen jährlichen weltweiten Teflon-Umsatz in Höhe von etwa 3 Milliarden Dollar, der bis 2027 auf mehr als 4 Milliarden Dollar wachsen soll.
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Roy Plunkett starb 1994, bevor die Sorge um die Toxizität von PFAS den Mainstream erreichte und Teil der heute üblichen täglichen Nachrichtenberichte wurde. 1986 sagte er, dass "die Entdeckung von PTFE auf verschiedene Weise als ein Beispiel für Serendipity, einen glücklichen Zufall oder einen Genieblitz beschrieben worden ist". Er betrachtete die 48 Jahre zuvor gemachte Entdeckung als einen Höhepunkt seiner Karriere. "Ich bin stolz auf meine Beteiligung an dieser Entwicklung", sagte er, "stolz auf das Unternehmen, mit dem ich zusammengearbeitet habe, stolz auf das, was geschehen ist, und vor allem bin ich stolz auf den Nutzen, den diese originelle Erfindung für die Menschheit hat."
Lohmann ist der Meinung, dass dieser Erfindungs- und Entdeckergeist jetzt wieder zum Tragen kommen muss, da immer mehr von PFAS ausgehende Gefahren entdeckt werden und Vorschriften deren Verwendung zu verbieten beginnen.
Auf Fluorchemie arbeitende Unternehmen haben das schon einmal erlebt. In den 1980er und 1990er Jahren wurde klar, dass die chemischen Vorläufer von Teflon, die Fluorchlorkohlenwasserstoff-Kühlmittel, eine ernsthafte Bedrohung für die Umwelt darstellten, weil sie die Ozonschicht schädigten. Durch eine Reihe von internationalen Verträgen, darunter das Montrealer Protokoll, wurden diese Stoffe weltweit verboten. Das Ozonloch ist heute kein vorrangiges Problem mehr.
Diese Bemühungen hatten jedoch einen wichtigen Vorteil gegenüber den derzeitigen Fortschritten bei der Entfernung von PFAS aus vielen Anwendungen. "Der wirkliche Schlüssel zum Montrealer Protokoll", sagt McLinden, "war, dass es Alternativen gab ohne Kompromisse bei Sicherheit oder Effizienz einzugehen."
Für die unzähligen und unglaublich nützlichen Anwendungen von PFAS gibt es derzeit kein Wundermittel als Ersatz. Das bedeutet aber nicht, dass Wissenschafter aufhören sollten, danach zu suchen.
Angesichts der jüngsten Berichte darüber, dass Unternehmen wie 3M Warnungen von Wissenschaftern über die Gefahren von PFAS ignoriert oder vertuscht haben, ist Lohmann der Meinung, dass man den Wissenschaftern vielleicht einen Platz am Kopf des Tisches geben sollte. "Der wissenschaftliche Teil hat funktioniert. Dann freilich wurden die Wissenschafter auf höherer Unternehmensebene ausgegrenzt, isoliert und zum Schweigen gebracht", sagt er. "Vielleicht hätte es nie diese Ausmaße angenommen, wenn die Wissenschaftler das Sagen gehabt hätten."
*Der Artikel "The Long, Strange History of Teflon, the Indestructible Product Nothing Seems to Stick to" von Rudy Molinek ist am 20.August 2024 im Smithsonian Magazine erschienen (https://www.smithsonianmag.com/science-nature/the-long-strange-history-of-teflon-the-indestructible-product-nothing-seems-to-stick-to-180984920/). Der sehr lange, nahezu ungekürzte Text wurde von der Redaktion möglichst wortgetreu ins Deutsche übersetzt und mit einigen Untertiteln für den Blog adaptiert.
Smithsonian Institution (Smithsonian, https://www.si.edu/) ist eine bedeutende US-amerikanische Forschungs- und Bildungseinrichtung, die auch zahlreiche Museen, Galerien und den Nationalzoo betreibt. Das Smithsonian stellt seine komplette Sammlung nach und nach in elektronischer Form (2D und teilweise 3D) unter der freien cc-0-Lizenz kostenlos zur Weiterverbreitung zur Verfügung. Das Smithsonian Magazine (aus dem der obige Artikel stammt) bringt eine Fülle faszinierender, leicht verständlicher Artikelaus allen Bereichen der Natur und der Gesellschaften.
[1] Inge Schuster, 04.04.2024: Ewigkeitsmoleküle - die Natur kann mit Fluorkohlenstoff-Verbindungen wenig anfangen
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