Schmerz lass' nach ....Wie wirksam ist Paracetamol?
Schmerz lass' nach ....Wie wirksam ist Paracetamol?Mo, 19.05.2025— Inge Schuster
Schmerz warnt unseren Körper vor gefährlichen Situationen der Außenwelt und macht ebenso auf viele Krankheiten aufmerksam. Chronische Schmerzen haben allerdings die Warnfunktion häufig verloren, sind seit jeher der häufigste Grund, warum ein Arzt aufgesucht wird und lassen sich - trotz eines breiten Arsenals an Schmerzmedikamenten - bislang nicht zufriedenstellend behandeln. Zu den weltweit am häufigsten - gegen akute und chronische Schmerzen - angewandten Arzneimitteln gehört das in den 1950er Jahren zugelassene, als sicher und wirksam betrachtete Paracetamol, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Liste der essentiellen Arzneimittel aufgenommen wurde. Große, unabhängige und qualitativ hochwertige klinische Studien und Cochrane-Metaanalysen lassen allerdings an der Wirksamkeit von Paracetamol stark zweifeln, ebenso können schwere Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen werden.
Abbildung 1: Seit Jahrtausenden wird Schlafmohn in der Medizin angewandt: Göttin mit den Mohnkapseln, minoische Terracottafigur aus dem Tempel von Gazi, Kreta 1350 v.Chr. (Archäologisches Museum, Heraklion; gemeinfrei). |
Seit alters her versuchen Menschen ihre Schmerzen zu lindern. Interessanterweise spielten dabei zwei Stoffe die Hauptrolle, aus denen auch die wohl wirksamsten Schmerzmittel der Gegenwart hervorgegangen sind. So waren in der Antike in Ländern wie Ägypten, Syrien und Griechenland die schmerzstillenden Eigenschaften der Weide bekannt - deren Wirkstoff Salicin hat heute über Aspirin zu den potenten Vertretern der Nicht-Steroidalen Antientzündlichen, Schmerzstillenden Wirkstoffe - NSAIDs - geführt. Vom Mittelmeerraum und Nahem Osten ausgehend wurde die Milch des Schlafmohns - das Opium - bereits seit Jahrtausenden als schmerzlinderndes, euphorisierendes Mittel angewandt. Abbildung 1. Die von den Wirkstoffen des Opiums abgeleiteten/diese nachahmenden Opioide stellen heute ein unverzichtbares, hochwirksames Arsenal an Schmerzmitteln dar.
Opioide und NSAIDs sind essentielle Arzneimittel in den von der Weltgesundheitsorganisation WHO 1986/2018 herausgegebenen Leitlinien zur Schmerzbehandlung [1]. In einem 3-Stufenschema werden in Stufe 1 Nicht-Opioidanalgetika vor allem aus der Gruppe der NSAIDs, aber auch aus den Gruppen, zu denen Metamizol (Novalgin) oder Paracetamol (Acetaminophen) gehören, empfohlen. Wenn die Schmerzlinderung nicht ausreicht, werden in Stufe 2 Niederpotente Opioid- plus Nicht-Opioidanalgetika empfohlen, in Stufe 3 schließlich hochpotente Opioid- plus Nicht-Opioidanalgetika. Zudem können in allen Stufen zusätzlich auch sogenannte Co-Analgetika (Antidepressiva, Antikonvulsiva, Muskelrelaxantien, Glukokortikoide, Antiemetika, Laxantien) eingesetzt werden.
Paracetamol findet sich auch neben Acetylsalicylsäure und Ibuprofen in der aktuellen WHO Model List of Essential Medicines als unverzichtbare Nicht-Opioid Analgetika zur Behandlung von Schmerzen ganz allgemein und speziell von akuten Migräneanfällen (hier kommt noch Sumatriptan dazu). Abbildung 2. (https://www.who.int/publications/i/item/WHO-MHP-HPS-EML-2023.02).
Was ist Paracetamol?
Paracetamol (Acetaminophen, in den US Tylenol) gelangte vor 70 Jahren auf den US-amerikanischen Markt und fand kurz darauf weltweite Verbreitung. Es gehört heute zu den weltweit am häufigsten eingenommenen Schmerz- und fiebersenkendem Mittel, wobei der Großteil der Anwendungen rezeptfrei erfolgt. Laut Global Market Insights lag der Paracetamol Markt im Jahr 2024 bei rund US$ 1,39 Mrd und soll bis 2033 auf rund US$ 1,74 Mrd steigen. https://www.globalgrowthinsights.com/market-reports/paracetamol-and-acetaminophen-api-market. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist das Schmerzmittel Paracetamol bis zu einer Gesamtmenge von zehn Gramm pro Medikamentenpackung (Tabletten) rezeptfrei in der Apotheke erhältlich und wird zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und/oder von Fieber empfohlen. Insgesamt findet es breiteste Anwendung vor allem bei Kopfschmerzen, Migräne, Rückenschmerzen, Rheuma und Muskelschmerzen, Osteoarthritis von Hüfte und Knie, Neuropathien, Erkältungssymptomen, Halsschmerzen, Zahnschmerzen, postoperativen Schmerzen und Fieber.
Abbildung 2: Chemische Strukturen der Nicht-Opioid Analgetika in der WHO Model List of Essential Medicines, die primär - in Stufe 1 des Dreistufenschemas der WHO - zum Einsatz kommen sollen. Ibuprofen ist ein von der Acetylsalicylsäure abgeleitetes Nicht-Steroidales Antientzündliches Schmerzmittel (NSAID). In Klammer stehen die jeweiligen Daten der Markteinführung. |
Um die Wirkung zu verstärken, wird Paracetamol sehr häufig in Kombination mit anderen Arzneimitteln angewandt - u.a. mit Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Coffein, Tramadol, Codein, u.v.a. m. - laut der US-Behörde FDA gibt es mehr als 600 derartige Präparate. Bei den anzuwendenden hohen Dosen (bis 4 g/Tag) und dem enormen Konsum in den verschiedensten Indikationen verbrauchen einzelne Länder jährlich Tausende Tonnen Paracetamol [2].
Der genaue Wirkmechanismus von Paracetamol ist bis heute nicht bekannt; mehrere Hypothesen werden derzeit kontrovers diskutiert und sollen hier - angesichts der in den meisten Anwendungen zweifelhaften Wirkung (s.u.) - nicht näher besprochen werden.
Von primärer Bedeutung erscheinen allerdings Untersuchungen über das Ausmaß der schmerzlindernden Wirkung in den verschiedenen Indikationen, die im letzten Jahrzehnt nach Maßstäben der evidenzbasierten Medizin erfolgt sind. Dabei stellte sich heraus, dass die analgetische Wirksamkeit wesentlich geringer sein dürfte, als lange angenommen wurde.
Ein grundlegendes Problem bei der Beurteilung der analgetischen Wirksamkeit ist ja das Fehlen objektiver Kriterien zur Messung des Schmerzempfindens. Wie in den folgenden Absätzen dargelegt, haben es erst Übersichtsstudien von qualitativ hochwertigen Placebo-kontrollierten klinischen Studien ermöglicht zu evidenzbasierten Aussagen zu kommen.
Messung des Schmerzempfindens ....
Brennend, stechend, bohrend, dumpf, (nicht) lokalisierbar, ausstrahlend, etc. - Schmerz wird sehr unterschiedlich empfunden. Die Aufteilung nach Typen ist nicht einheitlich; meistens wird nur nach akuten oder chronischen Schmerzen, nach nozizeptiven (auf Grund einer Verletzung) oder neuropathischen Schmerzen (Schädigung oder Fehlfunktion von Nerven des CNS) unterschieden.
....basiert auf Selbstauskünften der Patienten
Obwohl Schmerzen zu den häufigsten und insgesamt gesehen am meisten kostenden Gesundheitsproblemen zählen, ist die Bestimmung ihres Schweregrads und ihrer Reaktion auf ein Schmerzmittel bislang äußerst ungenau. Anders als beispielsweise bei Infektionskrankheiten, Diabetes oder Bluthochdruck existiert keine zuverlässige valide Methode, um die individuellen Beeinträchtigungen objektiv zu quantifizieren. Man verlässt sich auf Selbstauskünfte der Patienten, die nach wie vor ersucht werden, ihre Schmerzen auf einer linearen Skala von 0 bis 10 Punkten oder bei Kindern auf Skalen von traurigen bis lustigen Gesichtern zu bewerten (ich war bei meinen Wirbelsäuleproblemen dazu nicht in der Lage). Vielleicht werden auch Angaben über physische und emotionale Funktionsfähigkeit erhoben. Diese sehr subjektive Interpretation des Schmerzempfindens geht - in Zahlen gegossen - dann in die Ergebnisse der klinischen Wirksamkeitsstudien von Schmerzmitteln ein, wobei die Höhe der Wirksamkeit als Punktedifferenz zu einem Placebo oder einem Konkurrenzprodukt ermittelt wird. Bei einem sehr starken Schmerzmittel - Schmerzreduktion z.B. von 9 auf 0 Punkten - wäre dies kein Problem; was ist aber die klinische Relevanz einer Schmerzreduktion von 4 Punkten in der Arzneimittelgruppe, wenn sie in der Placebogruppe bei 3 Punkten liegt?
.... wobei Schmerzen tageszeitlich schwanken
Es fließen noch weitere Unsicherheiten in die Bestimmung ein. Rezente Metaanalysen von Beobachtungsstudien zeigen, dass die meisten Schmerzen einem zirkadianen Rhythmus - unserer inneren Uhr - folgen, wobei die Stärke einiger Schmerzarten über den Tag hin ansteigt und abends/nachts das Maximum erreicht (z.B. Neuropathien, Cluster-Kopfschmerz, Gallenkoliken), bei anderen Schmerzarten dagegen morgens am größten ist und dann abflaut (z.B. Migräne, Fibromyalgie, Trigeminus-Neuralgie, postoperative Schmerzen) [3]. Abhängig vom Zeitpunkt der Schmerzmittelapplikation ist der Schmerz vielleicht bereits im Abflauen und führt dann zu hohen "Wirksamkeiten", die in klinischen Studien auch in der Placebogruppen auftreten. (Es wäre allerdings wünschenswert, dass basierend auf den circadianen Schwankungen für ein effizienteres Timing der Schmerzmittelverabreichung gesorgt würde.)
Klinische Studien zur Wirksamkeit von Schmerzmitteln sind Legion; allein in der US-Datenbank https://clinicaltrials.gov/ sind bislang über 33 000 solcher Studien gelistet. Die meisten davon zeigen neben methodischen Schwächen auch Mängel in der Konzipierung und Durchführung wie fehlende Randomisierung, fehlende Placebogruppe und - in Anbetracht der problematischen Wirksamkeitsmessungen- zu geringe Patientenzahlen, sodass die Evidenz der Ergebnisse zweifelhaft ist. In einm rezenten Artikel benennt der renommierte britische Schmerzforscher Andrew Moore die Problematik mit "Flawed, futile, and fabricated features that limit the confidence in clinical research in pain..."[4].
Cochrane Reviews - Goldstandards für die Beurteilung von Wirksamkeiten
Der Mangel an zuverlässiger Evidenz für viele klinische (diagnostische und therapeutische) Verfahren hat 1993 zur Gründung von Cochrane geführt, einem globalen, unabhängigen Netzwerk aus Wissenschaftern, Ärzten, Angehörigen der Gesundheitsfachberufe, Patienten und weiteren an Gesundheitsfragen interessierten Personen. Cochrane erstellt systematische Übersichtarbeiten (Reviews) zu Studien im Gesundheitswesen; es werden dazu vorwiegend randomisierte doppelt-verblindete klinische Studien ausgewählt, die hohe explizite Qualitätskriterien erfüllen müssen. Die Reviews werden in der Cochrane Library veröffentlicht, sind in den meisten Ländern frei zugänglich und gelten als „Goldstandard“ für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Intervention oder Behandlung (https://www.cochranelibrary.com/about/about-cochrane-reviews).
Wie wirksam ist Paracetamol?
Tabelle 1. Cochrane-Reviews zur Wirksamkeit von Paracetamol bei Erwachsenen Abkürzungen: Coch: Cochrane Reviews (Jahr der Veröffentlichung), Stud: berücksichtigte klinische Studien (Zahl), Pat: Patienten in den berücksichtigten klinischen Studien (Zahl) . PA: Paracetamol, IBU: Ibuprofen, Plac: Placebo. |
Die im Folgenden getätigten Aussagen zur Wirksamkeit von Paracetamol gegen diverse Schmerzen stammen nahezu ausschließlich aus Cochrane-Reviews. Sie sind ernüchternd:
Paracetamol
- ist nur mäßig wirksam bei Migräne und Spannungskopfschmerzen,
- kann zur Linderung von verstopfter/rinnender Nase, aber nicht von anderen Erkältungssymptome (incl. Halsschmerzen, Unwohlsein, Niesen und Husten) beitragen,
- verstärkt die schmerzlindernde Wirkung von Ibuprofen nach Extraktion von Weisheitszähnen,
- ist unwirksam bei Schmerzen im unteren Rücken sowohl kurzfristig als langfristig,
- ist praktisch unwirksam bei Osteoarthritis (Hüfte und Knie),
- ist ohne zusätzliche Opioide unzureichend wirksam bei postoperativen Schmerzen,
- kann bei Kindern Fieber senken,
- ist als Monotherapie bei Mittelohrentzündung von Kindern möglicherweise besser als Placebo.
Die Studien bieten weiters keine hinreichende Evidenz, dass Paracetamol Rheumatoide Arthritis lindert und allein oder in Kombination mit Opioiden deren Wirkung bei Tumorschmerzen verbessert.
Tabelle 2. Cochrane-Reviews zur Wirksamkeit von Paracetamol bei Kindern Abkürzungen: Coch: Cochrane Reviews (Jahr der Veröffentlichung), Stud: berücksichtigte klinische Studien (Zahl), Pat: Patienten in den berücksichtigten klinischen Studien (Zahl) . PA: Paracetamol, IBU: Ibuprofen, Plac: Placebo. |
Hinsichtlich einer Wirkung bei Neuropathien und bei chronischen (non-cancer Schmerzen) von Kindern können keine Aussagen getroffen werden, da einfach keine den Cochrane-Qualitätskriterien entsprechenden Studien vorliegen.
Zusammengefasst: Cochrane Review liefern überzeugende Evidenz, dass Paracetamol in den meisten Indikationen wenig wirksam oder überhaupt unwirksam ist.
Eine Übersicht über die Cochrane-Reviews zu einzelnen Indikationen und ihre Ergebnisse in Schlagworten (aus den Cochrane-Kernaussagen) ist in Tabellen 1und 2 dargestellt. Von den insgesamt 30 in der Cochrane-Library vorgefundenen Reviews sind hier Studien zur Lebertoxizität von Paracetamol, zur analgetischen Wirkung bei Säuglingen und bei Geburtsschmerzen nicht angeführt.
Paracetamol ist nicht nur wenig wirksam, es ist auch nicht sicher
Sehr lange wurde angenommen, das Paracetamol ein sicheres Arzneimittel ist, im Gegensatz zu anderen Schmerzmitteln aus der Gruppe der NSAIDs (Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder auch Diclofenac), die z.T. schwere Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt und auf die Blutgerinnung zeigen. Dies hat auch zum enormen globalen Konsum von Paracetamol - vom Säugling bis ins Greisenalter - beigetragen (beispielsweise konsumieren nahezu 25 % der US-Bevölkerung wöchentlich Paracetamol).
Neben einer Reihe von anderen Nebenwirkungen kann Paracetamol nach zu hohen Dosen - ob absichtlich oder unabsichtlich - zu schwersten Leberschädigungen bis hin zum tödlichen Ausgang führen. In den Industrieländern gibt es jährlich 10 Fälle von Leberversagen pro 1 Million Menschen, wobei rund 40 % der Fälle auf eine Überdosierung von Paracetamol zurückzuführen sind [5]. Da Paracetamol in so vielen Kombinationspräparaten enthalten ist, kann es zur unabsichtlichen Überdosierung kommen, wenn beispielsweise das Mittel gegen chronische Rückenschmerzen genommen wird und zusätzlich ein Kombinationspräparat gegen akute Kopfschmerzen.
Abbildung 3: Der Abbau von Paracetamol führt neben den konjugierten Hauptmetaboliten auch zu NAQPI, einem hochreaktiven zelltoxischen Produkt, das durch Glutathion (GSH) inaktiviert werden kann. (Bild leicht modifiziert nach Wikipedia, gemeinfrei.) |
Die Ursache der Toxizität ist im Abbau (der Metabolisierung) von Paracetamol in der Leber begründet. Abbildung 3. Wie nahezu alle Arzneimittel und Fremdstoffe wird auch Paracetamol überwiegend in diesem Organ zu Produkten metabolisiert, die schnell aus dem Organismus eliminiert werden (im konkreten Fall über den Urin). Hauptsächlich wird dabei ein Glucuronsäure- oder ein Schwefelsäurerest an das Paracetamol-Molekül angehängt (konjugiert).
In geringerem Ausmaß erfolgt über das Enzym CYP2E1 eine Oxidation zu einem hochreaktiven toxischen Produkt (abgekürzt NAPQI), das mit den Makromolekülen (Nukleinsäuren, Proteinen) der Zellen reagieren und den Zelltod auslösen kann. Im Allgemeinen kann NAPQI durch das in der Zelle vorhandene Antioxidans Glutathion gebunden (konjugiert) und damit inaktiviert und unschädlich gemacht werden.
Werden bei einer Überdosierung die Glutathionvorräte der Leberzelle erschöpft, so kann NAPQI seine zelltoxische Wirkung entfalten und Nekrosen auslösen. Ob und wann dies geschieht, hängt von der Höhe des verfügbaren Glutathions ab - das auch andere toxische Stoffwechselprodukte "entgiften" muss - und von der Kapazität des CYP2E1 reaktives NAPQI zu produzieren. Diese kann von Mensch zu Mensch um das Zehnfache variieren [5]: viele Fremdstoffe (vor allem Ethanol und auch viele kleine Moleküle, fluorierte/ halogenierte Substanzen) werden über das Enzym abgebaut, konkurrenzen daher mit Paracetamol, können aber - wie beispielsweise bei chronischem Alkoholkonsum - auch seine Synthese enorm stimulieren und damit die NAPQI-Produktion steigern. So kann Lebertoxizität auch bei therapeutischen Paracetamol-Dosierungen auslösen, die unterhalb der maximal empfohlenen 4g/Tag liegen. Tatsächlich haben klinische Studien zur Behandlung chronischer Schmerzen viermal häufiger erhöhte Leberwerte bei Patienten in der Paracetamolgruppe angezeigt als in der Placebogruppe [2].
Fazit
Forschung und Entwicklung von neuen wirksameren und sichereren Analgetika sind dringendst erforderlich, um akute und chronische Schmerzen effizient behandeln zu können. Überzeugende Evidenz aus klinischen Studien zeigt jedenfalls, dass Paracetamol - eines der weltweit am häufigsten angewandten Schmerzmittel - in den meisten Indikationen praktisch wirkungslos ist und darüber hinaus seltene, aber sehr ernste Nebenwirkungen auslösen kann.
Unter den heutigen Zulassungskriterien wäre Paracetamol wohl nie auf den Markt gekommen.
[1] H. Bablich, F. Reh et al., WHO-Stufenschema. DocCheck Flexicon. https://flexikon.doccheck.com/de/WHO-Stufenschema (abgerufen 16.5.2025)
[2] R Andrew Moore, Nicholas Moore, Paracetamol and pain: the kiloton problem. Eur J Hosp Pharm 2016;23:187–188. doi:10.1136/ejhpharm-2016-000952
[3] N. N.Knezevicet al., Circadian pain patterns in human pain conditions –A systematic review. Pain Practice. 2023; 23:94–109. DOI: 10.1111/papr.13149
[4] Andrew Moore et al, Flawed, futile, and fabricated features that limit confidence in clinical research in pain and anaesthesia: a narrative review. Br J Anaesth. 2023 Mar;130(3):287-295. DOI: 10.1016/j.bja.2022.09.030
[5] Toby J Athersuch et al., 2018, Paracetamol metabolism, hepatotoxicity, biomarkers and therapeutic interventions: a perspective. Toxicol Res (Camb) Mar 6;7(3):347–357. doi: 10.1039/c7tx00340d
Schmerz im ScienceBlog:
Gottfried Schatz, 30.08.2012: Grausamer Hüter — Wie uns Schmerz schützt – oder sinnlos quält
Nora Schultz, 07.12.2016: Vom Sinn des Schmerzes
Manuela Schmidt, 06.05.2016: Proteinmuster chronischer Schmerzen entziffern
Susanne Donner, 16.02.2017: Placebo-Effekte: Heilung aus dem Nichts